Eine Paddeltour von Prag bis Magdeburg

Am 15. Mai 2012 fuhren Gundi, unsere Paddelfreundin Karin und ich mit dem Auto die 740 km von Boich nach Prag. Auf dem Campingplatz einer Moldauinsel ca. 3km vom historischen Stadtkern entfernt, wo wir uns noch mit 3 Paddlern aus Straubing bzw. Warstein trafen, bauten wir unsere Zelte auf. Etwa 700 m hatten wir bis zur Straßenbahn und 10 Min. Bahnfahrt bis zum Zentrum. Übrigens waren Busse und Bahnen für Senioren ab 70 frei, so dass wir kostenlos durch Prag fahren konnten. Für uns ungewohnt sprangen jüngere Leute regelrecht auf, wenn Senioren sonst keinen Sitzplatz bekommen hätten.
prag-magdeburg-2012-048Prag mit seiner fast 1000 jährigen Stadtgeschichte gilt als „Mutter der Städte, größtes Freilichtmuseum der Welt, hunderttürmige Stadt, Stadt der goldenen Kuppeln“ und steht mit seiner großen Zahl von historischen Bauten unter dem Schutz der UNESCO. Zwei Tage sind mindestens erforderlich, um die wichtigsten Attraktionen zu sehen. Der über 700 m lange Wenzelplatz, eigentlich ein Boulevard mit luxuriösen Hotels (z.B. Hotel Europa), Restaurants und Geschäften, dem Nationalmuseum am oberen Ende und dem Wenzeldenkmal.
Die Karlsbrücke über die Moldau von 1357, mit 16 Bögen nach dem Vorbild der steinernen Brücke von Regensburg gebaut, zahlreichen Heiligenfiguren, bes. dem hl. Nepomuk, der an dieser Stelle in die Moldau geworfen wurde, am östlichen Ende der Altstädter Brückenturm mit den Figuren von Kaiser Karl IV und seinem Sohn Wenzel IV.
Das Altstädter Rathaus mit seiner Astronomischen Uhr aus dem 15. Jh., deren 12 Apostelfiguren sich jede volle Stunde bewegen. Der Altstädter Ring, ein besonders schöner, ca. 9000 m² großer Platz, in dessen Mitte das Denkmal des Reformators Jan Hus steht, ist eingerahmt von der Teynkirche, prachtvollen Bürgerhäusern mit verzierten Fassaden, Palais Kinský und dem Haus zur Steinernen Glocke. In den Kellern sind teilweise noch romanische und gotische Grundmauern aus dem12. Jh. sichtbar. Beim Essen in einem Gasthaus konnten wir uns davon überzeugen.

prag-magdeburg-2012-057Die 1000 Jahre alte Prager Burg, größte Burganlage Mitteleuropas, war ursprünglich Sitz von Kaiser und Königen, seit 1918 ist sie Sitz der Staatspräsidenten. Hier war der 2. Prager Fenstersturz 1618, der den 30jährigen Krieg auslöste. Der 1. Fenstersturz war 1419 vom Neustädter Rathaus, der die Hussitenkriege auslöste, und der 3. (und bisher letzte) Fenstersturz war 1948 aus dem Palais Czernin, (seit 1934 Außenministerium), als der Minister Jan Masaryk aus dem Fenster stürzte.
Erwähnens- und auch sehenswert ist das Goldene Gässchen mit pittoresken kleinen Häusern in der Außenwand der Burganlage, wo auch der Schriftsteller Franz Kafka kurzzeitig gewirkt hat. Überwältigend ist der Blick vom Burgplatz über die Dächer von Prag auf die Moldau.
Innerhalb der Burg steht die 1344 begonnene, prachtvolle gotische St. Veits –Kathedrale, Krönungskirche der böhmischen Könige. Besonders eindrucksvoll wirkt, trotz seiner Höhe, der sehr helle Kirchenraum mit den schönen Glasfenstern, Figuren und Mosaiken.
Natürlich bietet Prag noch viel mehr, z.B. die Lucerna-Passage mit der etwas spöttischen Darstellung eines hängenden Pferdes, auf dessen Bauch sein Reiter sitzt; der Pulverturm von 1475, direkt daneben das Gemeinde- oder Repräsentationshaus, im Jugendstil von 1906 –1912 erbaut, in dessen linken Flügel ein exklusives Cafe, in dem die besten Torten angeboten werden; das jüdische Viertel Josefov, und natürlich die typisch böhmischen Köstlichkeiten in den zahlreichen Restaurants und Cafes.

prag-magdeburg-2012-078Als wir Prag verlassen, ist das wie ein krönender Abschluss, eine Stadtrundfahrt in unseren Paddelbooten auf der Moldau, vorbei an der Prager Skyline, unter schönen Brücken hindurch, besonders der imposanten Karlsbrücke, und durch drei Schleusen. Die Menschen am Ufer, auf Ausflugsschiffen und auf den Brücken winken uns zu und rufen „Ahoi“, ein Gruß im Vorbeigehen, offensichtlich üblich in Tschechien. Wir sind beeindruckt von soviel Höflichkeit, die wir auch bei Anglern und Radfahrern feststellen konnten. Später, nach Überqueren der Grenze zu Deutschland, hörte das schlagartig auf.

Am ersten Paddeltag hatten wir nach nur 17km in Prag–Troja bei einem Wassersportverein unsere Zelte aufgeschlagen, direkt in Höhe einer Schleuse und einer daneben befindlichen Wildwasser-Slalomstrecke. So konnten wir am nächsten Tag gleich hinter Schleuse und Slalomstrecke einsetzen. Auch am 2. Tag ging es wieder durch 3 Schleusen, 27km weit immer wieder durch schöne, hügelige Landschaften mit stilvollen Gebäuden nach „Vellrusi“. In einer Schleuse hatte sich direkt neben uns an der Spundwand eine junge Ringelnatter festgesetzt und schwamm etwas später dann an uns vorbei. Unser Zeltplatz war diesmal so ruhig gelegen, dass man die Vogelstimmen am Morgen fast schon als „ruhestörend“ empfand. Weil Sonntag war und der Ort ziemlich abgelegen, wir aber Brot, Käse und Obst benötigten, besorgte uns die Frau vom Platz das Gewünschte. Im Schlossrestaurant mit weitläufigem Naturpark, dessen Besitzer offensichtlich die finanziellen Mittel für eine Grundsanierung fehlten, haben wir gut und günstig gespeist.
prag-magdeburg-2012-096Am 3. Paddeltag hatten wir noch 15,7km auf der Moldau zu paddeln. Aus dem Moldaukanal, der für die Schifffahrt eine weitläufige Schleife abschneidet und hinter Melnik in die Elbe mündet, setzten wir gleich wieder in die alte Moldau um und kamen dann bei Melnik, dem berühmtesten Weinort Tschechiens, in die Elbe. Auffällig das schönste Renaissanceschloss Böhmens mit seinem Weinberg am rechten Ufer. Kurz vorher krachte mit lautem Knall etwa 20 m von uns eine dicke Pappel in sich zusammen. Heute hatten wir 2 Schleusen und insgesamt 43km zu bewältigen, bevor wir dann auf dem Gelände eines Ruderclubs in „Roudnice“ zelten konnten. Hier gab es nur eine Toilette und ein Waschbecken für alle, dafür allerdings kostenlos. In einer nahen Pizzeria stillten wir unseren Hunger.
Am folgenden Tag hatten wir 38km zu paddeln, konnten die 2 Schleusen ohne Wartezeit passieren, wobei wir die Schleuse jeweils für unsere 5 Paddelboote alleine hatten, weil in dieser Region allgemein sehr wenig Schiffsverkehr war. Der blaue Himmel mit den weißen Wolken und den verschwenderischen Farben der Natur verwandelte die schöne Landschaft zusätzlich, an der sich das Auge satt sehen konnte. Die „Böhmische Pforte“, wie die Region auch heißt, beheimatet viele schöne Orte mit auffallenden Häusern, u.a. den Kalvarienberg mit 362m Höhe. Der Zeltplatz in „Bnern/Usti“ allerdings lag weniger schön, weil auf beiden Seiten der Elbe reger Bahnverkehr mit viel Lärm herrschte. Selbst im Speiselokal des Ortes war durch die Gewölbebauweise der Lärmpegel von einheimischen Gästen unangenehm laut.
prag-magdeburg-2012-102Kurz nach dem Start ging es in die letzte Schleuse, direkt unterhalb der Burg Schreckenstein aus dem 14. Jh., die so bekannt sein soll wie der Loreley-Felsen am Rhein. Auf der Burg haben sich u.a. Berühmtheiten wie Goethe und Rich. Wagner inspirieren lassen.
Ab hier hatten wir freie Fahrt ohne Schleusen,
vorbei an „Decin“ mit seinem schönen Barockschloss und auf der anderen Flussseite ein Felsen mit einem kleinen Schlösschen. Jetzt paddelten wir durch die schöne Landschaft der „Böhmischen Schweiz“ mit steilen Felswänden des Böhmischen Elbsandsteingebirges, ein einsames Waldtal, mit einzelnen kleinen Häuschen.
Da wir bis zur deutschen Grenze schon 44km unterwegs waren, der ursprüngliche Zeltplatz vom Hochwasser 2002 weggespült war, mussten wir an Bad-Schandau vorbei noch bis Königstein paddeln, also noch mal 15,5km.

Von der interessanten Vogelwelt war besonders die Nachtigall hervorzuheben, die uns während der gesamten Fahrt mit ihrem unübertroffenen Gesang erfreute. Mehl-, Rauch- und Uferschwalbe sowie Mauersegler waren ebenfalls ständige Begleiter, während gelegentlich auch ein Storch und einmal sogar ein Schwarzstorch sich zeigte. Rot- und Schwarzmilan waren an der Elbe fast ständig zu sehen, seltener Bussard, Falke, Sperber und mitunter sogar Fischadler und Schreiadler. Natürlich war auch der Graureiher an Moldau und Elbe präsent. Ab Meißen zeigten sich immer wieder Graugänse, Flussregenpfeifer und weiter elbabwärts sogar Austernfischer und Kiebitze. In den Wipfeln der Pappeln hörten wir oft den Pirol, ohne ihn jedoch zu Gesicht zu bekommen. Interessanter Weise sahen wir auf der Moldau nur insgesamt 2 Kormorane, und auf der Elbe selten kleinere Trupps von 2 bis 5 dieser Art. Immer wieder entdeckten wir Fraßspuren von Bibern, sahen nach Regenwetter auf den Sandstränden sehr viele Fährten von ihm mit der typischen Schleifspur seiner flachen Finne, wie der Biberschwanz auch genannt wird, und Karin sah hinter einer Buhne einen Biber in voller Größe.

prag-magdeburg-2012-109Am 6. Paddeltag grüßte links 240m hoch über der Elbe die Festung Königstein und rechts der 415m hohe Tafelberg. Nun paddelten wir durchs imposante Elbsandsteingebirge, das zum Nationalpark „Sächsische Schweiz“ gehört, der reizvollste Flussabschnitt der Elbe und eine der schönsten Flussstrecken Europas sein soll. Die größte Festung Deutschlands wurde nie für kriegerische Zwecke genutzt, allerdings u.a. als Gefängnis für missliebige Bürger, z.B. den Erfinder des Meißner Porzellans Johann Friedrich Böttger, den Sozialdemokrat August Bebel, den Dichter Frank Wedekind, den Mitbegründer der KP Fritz Heckert und auch für Kriegsgefangene. Aber auch Gäste wie Napoleon und Zar Peter I. wohnten hier. Später kamen wir an dem idyllischen Kurort Rathen unterhalb der Basteifelsen vorbei, sowie Pirna, eine der im Mittelalter reichsten Städte Sachsens mit seinem mittelalterlichen Stadtkern, der komplett unter Denkmalschutz steht und auch das kleine Prag genannt wird. Nun verließen wir die Sächsische Schweiz und kamen in die „Elbtalwanne“ mit ihren sanften Hügeln, die dichter besiedelt ist und rechts der Elbe dem kleinsten Weinbaugebiet Deutschlands von Pillnitz bis Meißen, der Sächsischen Weinstraße Platz bietet.
Kurz vor Dresden direkt am rechten Ufer liegt Schloss Pillnitz, die Sommerresidenz von August dem Starken, und gut 1km weiter die kleine Barockkirche der Elbschiffer „Maria am Wasser“.
Beim Kanusportclub Dresden 4km weiter hatten wir unser Tageziel erreicht.

Tags darauf war Besichtigungsprogramm in Dresden angesagt, die Frauenkirche, die bei unserem letzten Besuch noch nicht wieder aufgebaut und das „Grüne Gewölbe“ im Dresdner Schloss, das wegen Renovierung damals geschlossen war.
Die Frauenkirche mit ihrer über 1000jährigen Geschichte, in der jetzigen Form von 1726, wurde bei der Bombardierung der Stadt und 25.000 Toten am 13./ 14. Februar 1945 zerstört und ab 1994 in 11 Jahren originalgetreu wieder aufgebaut. Ein Kulturobjekt, das den getätigten Aufwand rechtfertigt. Sie sollte ein christliches Friedenszentrum im neuen Europa werden. Bei Gottesdiensten, Konzerten, Lesungen und Vorträgen wird sie dieser Bezeichnung am ehesten gerecht und ist immer einen Besuch wert.
Im Schloss besuchten wir den Historischen Teil des Grünen Gewölbe. In je einem Raum werden kostbare Kunstgegenstände aus, Gold, Silber, Edelstein, Bronze, Perlmutt, Elfenbein und das berühmte Bernsteinkabinett gezeigt. Die barock gestalteten Räume, teils mit Spiegelwänden und Goldeinfassung bilden eine sehr eigenwillige Atmosphäre.
Nach einem Bummel vorbei an der Semperoper, über die Brühlschen Terrassen und dem Besuch der Hauptkirche der Stadt, der Kreuzkirche, war das Aufnahmevermögen gesättigt.

prag-magdeburg-2012-122Die Autos wurden wieder umgesetzt, diesmal von Dresden nach Magdeburg. Dann ging es tags darauf wieder auf die Elbe. Wie in Prag lachte uns wieder die Sonne, als wir mit unseren Paddelbooten unter dem „Blauen Wunder“ durch an den beeindruckenden Bauten Dresdens vorbei fuhren, die wie Perlen einer Kette aneinandergereiht sind. Und zur Feier des Tages läuteten sogar die Glocken der Schlosskirche. Hinter der Marienbrücke zeigte sich links noch das maurische Traumschloss, die „Yenidze“ mit einem Minarett als Schornstein. In diesem orientalischen Bauwerk verbarg sich einst eine Zigarettenfabrik.
Natürlich kamen wir auch an der im Bau befindlichen neuen Elbschlösschenbrücke vorbei, die meiner Meinung nach weit genug vom historischen Dresden entfernt ist und damit nicht als störend empfunden werden kann. Am rechten Ufer nun die Weinberge mit Jahrhunderte alten Trockenmauern, Barockpavillons, Schlösschen und Winzerhäusern. Auch Radebeul passierten wir, wo Karl May lebte und das Buch von Winnetou und Old Shatterhand schrieb. Jeweils im Frühjahr finden hier auch Karl-May-Festtage statt. Nach 4 Std. waren wir 33km von Dresden entfernt an unserer Tagesetappe Meißen angekommen. So blieb noch genügend Zeit für einen Stadtbummel in der schön restaurierten Altstadt und ein leckeres Abendessen.
Meißen, die Wiege Sachsens, mit Albrechtsburg und dem kleinsten Dom Deutschlands auf dem Burgberg am linken Elbufer.

prag-magdeburg-2012-126Der Wasserstand der Elbe war so niedrig und damit die Fahrrinne so schmal, dass abwärts fahrende Kreuzfahrtschiffe vor dem Anlegen nicht wenden konnten und gegen die Regel anlegten.
Selbst wir hatten Mühe über die Flusssteine unsere beladenen Boote aus dem Wasser zu bringen.
Bei bewölktem Himmel und kühler Temperatur starteten wir am nächsten Tag die 25,4km lange Etappe nach Riesa. Bei Fluss km 94 endet nach einer langen Felswand der gebirgige Teil der Elbe, die von nun an durch flachere Landschaften fließt, das Auge aber immer wieder mit schönen Dingen erfreut, wie z.B. dem Schloss Hirschstein. Am Ufer fielen uns jetzt häufig Blumenstreifen in lila auf, die sich als wilder Schnittlauch entpuppten. Oft säumten allein oder in kleinen Gruppen stehende Eichen, Linden oder Weiden das Ufer, die sich dadurch zu mächtigen Baumriesen entfalten konnten.
Bei Fluss km 107 landeten wir im schlammigen Kehrwasser beim Wassersportverein Riesa direkt neben der Fähre an. Häufig war die Fähre eine sogenannte „Gierfähre“, die an einem langen Seil festgemacht und rechts oder links am Ufer oder auch in der Flussmitte verankert war. Damit niemand über das Seil fährt, waren daran gelbe Schwimmbojen befestigt. An größeren Orten und Städten sind natürlich Straßenbrücken vorhanden. Für kleinere Orte mit weniger Verkehr sind jedoch Fähren für die Elbüberquerung ausreichend.
In Riesa waren Rathaus mit Vorplatz sowie die angrenzende Klosteranlage schön restauriert. Ansonsten gab es jedoch viele Häuser in weniger gutem Zustand. Auch für die Pflege der weitläufigen Parkanlage schien noch das Geld zu fehlen.
Am folgenden Dienstag, den 29. Mai hatten wir nur 20,7km bis Mühlberg zu paddeln, allerdings die letzten 10km davon mit heftigem Gegenwind. Unterwegs zeigten sich jetzt mitunter Seeschwalben, Möwen und am Ufer häufig Schafherden, seltener Rinder und Pferde.
Bei Fluss km 116 besuchten wir „Strehla“, wo an der ehemaligen Furt durch die Elbe die Salzstraße verlief und heute ein inzwischen schön renoviertes Renaissanceschloss steht. Auf dem Marktplatz, der vom Rathaus und hübschen Bürgerhäusern umrahmt ist, steht eine schöne Postmeilensäule. Und am Fähranleger erinnert eine Gedenkstätte an den eigentlichen Treffpunkt der Russischen Armee mit den Alliierten am 25.April 1945.
prag-magdeburg-2012-140In Mühlberg waren Rathaus und Kloster im ursprünglichen Stil renoviert, wogegen am Schloss noch sehr viel Renovierungsarbeiten nötig sind. Riesige Anstrengungen werden z.Zt. für Hochwasserschutzmaßnahmen getätigt, und eine neue Brücke als Ersatz für die Fähre ist schon fertig gestellt.
Die nächste Etappe war die 28km entfernte Stadt „Torgau“. Auf halber Strecke liegt der Ort „Belgern“, vor dessen Rathaus der südlichste Roland steht, eine 6 m hohe Statue aus Elbsandstein. Torgau mit dem aufwändig restaurierten Schloss Hartenfels, dessen bemerkenswerten spiralförmigen Treppenhaus und der von Martin Luther eingeweihten Schlosskirche direkt an der Elbe; das große Rathaus mit spektakulärem Runderker, welches das schönste in Sachsen sein soll; der schöne Marktplatz mit den historischen Bürgerhäusern dazu, das alles ließ uns nur noch staunen.
prag-magdeburg-2012-155Mit diesen schönen Eindrücken paddelten wir am nächsten Tag 58km weiter zur Lutherstadt Wittenberg. Ursprünglich wollten wir nur bis „Elster“ paddeln, um die Etappe nach 45km zu beenden. Weil starker Wind angekündigt war, standen wir extra schon um 5.°° Uhr auf und waren um 6.45 Uhr auf dem Wasser. Der Wind war aber moderat, so dass wir um 12.°° Uhr schon in Elster waren und dann die 13km bis „Wittenberg“ noch gut bewältigten. Die schöne Altstadt mit Lutherhaus, Melanchthonhaus, der Schlosskirche, an der Luther seine 95 Thesen angeschlagen hatte, den Marktplatz mit Luther- und Melanchthondenkmal sowie dem Renaissance-Rathaus und vielen Bürgerhäusern. Auch hier gab es noch viel Interessantes zu sehen, wie Luthers Predigtkirche St. Marien, oder die Cranachhäuser von Lucas Cranach, Maler der Reformation und treuer Anhänger Luthers.
Jedoch wir wollten anderntags 23km weiter nach „Coswig“, einer Stadt fast im krassen Gegensatz zu den bekannteren Orten wie Wittenberg oder Torgau. Von weitem sah man das Schloss, das erst aus der Nähe den schlechten Zustand erkennen ließ. Es wurde lange als Gefängnis und zuletzt als Archiv genutzt. Jetzt hatte sich ein Förderverein zur Renovierung und Erhaltung des Schlosses gebildet. In der Stadt wurden viele Objekte zum Verkauf angeboten; viele Häuser waren stark vernachlässigt; mangels Verdienstmöglichkeit schienen viele Menschen den Ort verlassen zu haben. Wir fanden noch ein gutes Speiselokal, dessen Eigentümer in der 5. Generation das Lokal weiter führte. Nahe bei unserem Zeltplatz war anlässlich der 825Jahrfeier
eine Skulpturenschau und ein historisches Feldlager. Zum Abend spielte an der Fähre ein Kammerorchester mit anschließendem Feuerwerk.
prag-magdeburg-2012-160Unsere Paddeltour ging 25,4km weiter von Coswig nach Dessau zum „Junkers-Kanuclub“, der knapp 2km von der Stadt entfernt lag. Unterwegs hatten wir zeitweise mit Starkwind zu kämpfen. Aber die Natur zeigte uns wieder ihre schönen Seiten mit blühenden Blumen und Sträuchern, besonders prachtvollen Baumexemplaren, vielen Vogelarten vom Zaunkönig bis zum Seeadler, sogar Wildschweine streiften durch die dichte Ufervegetation. Die Rennboote auf der Strecke vor unserem Zeltplatz konnten uns mit ihrem Lärm allerdings nicht begeistern.
In der Stadt beobachteten wir eine Weile die Begeisterung der kleinen Rennfahrer in ihren Seifenkisten. Einen guten Eindruck hinterließen die schön restaurierte Altstadt mit ihren Bürgerhäusern, dem berühmten Bauhaus von Walter Gropius, sowie dem Rathaus, aber auch den passend integrierten Geschäftshäusern.
Und wieder mussten wir weiter paddeln, diesmal 30km bis nach „Barby“. Bei Windstille, kühlen Temperaturen und bedecktem Himmel beobachteten wir u.a. mehrere Gruppen Graugänse am Ufer und der angrenzenden Ufervegetation. Kurz vor der Mündung der Saale in die Elbe war der ehem. Elbfrachter „Marie Gerda“ an Land als Schiffs-Restaurant aufgebaut. Wir aber zogen es vor vom Bootshaus in Barby mit der Fähre auf die andere Elbeseite zu fahren und im Restaurant „Zum Fährmann“ zu speisen. Den Rest des verregneten Nachmittags verbrachten wir mit Kartenspielen im Bootshaus.
prag-magdeburg-2012-165Am nächsten Morgen, der Beginn unseres letzten Paddeltages, hatten sich die Wolken verzogen und die Sonne zeigte sich wieder. Wir hatten noch 31,5km bis Magdeburg. Unterwegs kamen wir an der alten Salzstadt Schönebeck vorbei, deren ehemalige Salzschuppen direkt am Ufer zu hübschen Wohnungen umgebaut wurden. Direkt daneben war das Wahrzeichen der Stadt, eine 16m hohe Skulptur aus Stahl, die eine Salzblume darstellen sollte. Und schon bald kamen die ersten Industriebetriebe als Vorboten von Magdeburg, dann zeigte sich der Fernsehturm, und dann bogen wir bei km 323 in die alte Elbe rechts ein zum Kanu-Club „Börde“. Wegen Niedrigwasser mussten wir ca. 100m vor dem Ziel aussteigen, die Boote über eine Sandbank ziehen, um dann die letzten ca. 50m bis zum Steg wieder paddeln zu können. Von der sechsköpfigen Gruppe mussten drei hier die Fahrt beenden, die dann am gleichen Tag noch die Heimreise antraten. Wir anderen schlugen ein letztes Mal unsere Zelte auf und fuhren dann noch ins Zentrum von Magdeburg, der Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts. Zunächst besuchten wir das Wahrzeichen der Stadt, den Magdeburger Dom, das älteste gotische Bauwerk in Deutschland und Grabkirche des ersten deutschen Kaisers Otto I. Bis zur Fertigstellung des Kölner Doms 1880 war er das prag-magdeburg-2012-167größte Kirchenbauwerk in Deutschland. Die „Grüne Zitadelle“ von Magdeburg, das letzte Bauwerk von Hundertwasser in seiner typischen bunten und unsymmetrischen Farb- und Formgestaltung steht als Wohn- und Geschäftshaus unweit des Domes. Das Justizzentrum, ein schönes Jugendstilbauwerk, die schön restaurierten sechsstöckigen Wohn- und Geschäftshäuser an den wichtigsten Straßen der Stadt, der Hauptbahnhof, alles fein heraus geputzt. Das gesamte Stadtbild einschließlich der Einkaufszentren hat bei uns einen gefälligen Eindruck hinterlassen. Mit einem guten Essen in einem netten Lokal belohnten wir uns selbst für die gelungene und schöne Paddeltour von Prag bis Magdeburg. Insgesamt waren wir auf der Moldau 60km und auf der Elbe 419km, zusammen also 479km in 15 Tagen gepaddelt. Und an jedem Paddeltag bedeutete das nach der Ankunft das Zelt aufbauen, einrichten und morgens wieder abbauen und alles im Boot verstauen.
im-boot-auf-der-elbe-2012Noch viele Fotos könnten hier eingefügt werden, wie z.B. die Silhouette von Meißen mit Dom und Albrechtsburg vor einem leuchtend roten Abendhimmel; viele Eindrücke könnten noch hinzu gefügt werden, wie das Durcheinander am Zeltplatz, wenn alle Sachen aus dem Boot ausgepackt und verstreut herum lagen, bevor das Zelt aufgebaut und eingerichtet war; viele Geschichten könnten noch aufgeschrieben werden, wie die von Dieter, der immer als Erster auf war, das Frühstück zubereitete und seiner Ellen dann Kaffee ins Zelt brachte.
Eigentlich war ja Hamburg unser Fernziel, weshalb wir zu gegebener Zeit den Abschnitt von Magdeburg nach Hamburg noch paddeln wollen.

Bis dahin grüßt mit Ahoi!
Roland Ackenheil

Dieser Beitrag wurde unter Allgemein veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.